Schreiben
von Windkraft-wie-weiter? an
Minister Holter
zum Entwurf des neuen Windenergieerlass
Mestlin
/ Goldenbow, 04. August 2004
Betreff: Öffentlichkeitsbeteiligung
/ Stellungnahme zum neuen Windenergieerlass ( WKA_Hinweise )
Sehr geehrter Herr Minister Holter
Wir freuen uns und sehen es auch als
unseren Erfolg an, dass endlich eine gesetzliche Basis geschaffen
wird, welche den heutigen Anforderungen im Bereich der Windkraftnutzung
versucht, gerecht zu werden.
Dessen ungeachtet sehen wir die Problematik
der erneuerbaren Energien eindeutig im Kontext von Wirtschafts-
und Politikinteressen und kaum getragen von Klimaschutzgedanken.
Die Praxis bestätigt uns dies täglich.
Grundsätzlich sehen wir folgende Schwerpunkte:
- Wie kann der Prozess
der Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen, der durch die
bauseitige Privilegierung und das finanzielle Wirken der Investoren
in die Gemeinden hinein oftmals von der Öffentlichkeit abgeschirmt
und von wenigen Personen und deren Interessen getragen wird, transparenter
gestaltet werden?
Aktuelles und sehr anschauliches Beispiel
sind die derzeitigen Vorgänge um den Windpark Porep-Jännersdorf
an der Grenze zwischen Mecklenburg und Brandenburg, wo mittlerweile
vielfältige Verwicklungen mit dem offensichtlichen Verdacht
der Korruption und Vorteilsnahme öffentlich geworden sind.
- Wie können Planungsprozesse
und Regelungen (wie die Ausweisung der Eignungsgebiete), die vor
Jahren und auf Basis völlig anderer Rahmenbedingungen zustande
gekommen sind, unter jetzigen gesetzlich zementierten Verhältnissen
einer erneuten demokratischen Prüfung zugänglich gemacht
werden?
Auf welchem Weg kann das ohne juristische Verwicklungen erfolgen?
- Wie kann eine Definition der Zumutbarkeit
von Windkraftanlagen auf die Anwohner und das Land erfolgen?
TA Lärm und BImSchG sind Industrienormen für punktuelle
Belastungen und nur bedingt geeignet ein komplexes Zusammenspiel
als Summe verschiedenster bekannter und weniger erforschter Nebenwirkungen
zu erfassen und zu reglementieren.
- Was geschieht nach der Inbetriebnahme
von Windkraftanlagen? Jeder private PKW, jede bewegliche oder bewegte
Anlage im öffentlichen Bereich muss regelmäßig durch
unabhängige Institutionen auf Einhaltung technischer Werte
überprüft werden.
Windkraftanlagen unterliegen solch einer Vorgabe nicht.
- Wie wird ein mögliches Repowering
geregelt?
- Wo bleibt die im Koalitionsvertrag
vorgesehene Überprüfung der bestehenden Eignungsgebiete?
- Wie werden aktuelle Erkenntnisse
und Ergebnisse der Forschung fortlaufend in den Windenergieerlass
eingearbeitet?
Nur ein dynamisches Regelwerk kann einen dynamischen Vorgang regeln.
Unsere Vorschläge und
Forderungen:
1
Grundsätzliche Pflicht zur Erstellen
von Flächennutzungsplänen in Räumen mit Windkraftanlagen,
unabhängig der Anzahl.
Damit kommt es über die Beteiligung der öffentlichen Träger
und der Bevölkerung zu einer, wenn auch eingeschränkten,
Demokratisierung und Offenlegung des Prozesses der Planung und Realisierung
von Windkraftanlagen.
Damit auch grundsätzlich Anwendung des UVPG bei der Genehmigung.
Um den Gemeinden dies weitestgehend
unabhängig äußerer Interessen und finanzieller Zwänge
zu ermöglichen, wird durch das Ministerium ein für die
Gemeinden handhabbarer Leitfaden für die F-Planung erarbeitet
und bereitgestellt (am besten mit praktischen Beispielen).
Diese einheitliche Vorgehensweise
ermöglicht es andererseits, den Genehmigungsprozess auf Seite
der Ministerien zu vereinheitlichen und somit auch hier die Kosten
zu senken und die Vorgänge zu beschleunigen.
2
Erweiterung des Untersuchungsbereiches
auf 3000 m, unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit und des Auftretens
von theoretisch nicht erwarteter Immissionen. (Beispiel Goldenbow,
wo durch das STAUN Lübz nachts In Entfernungen von über
3000m Lärmimmissionen von 28 - 32 dB gemessen wurden, Beispiel
Ruest, wo in Entfernungen von ca. 2000m deutliche Lärmimmissionen
auftreten.)
3
TÜV- Pflicht für Windanlagen
inkl. Altanlagen
Abnahme und Überprüfungen in der Laufzeit: Messungen,
unabhängige Kontrollmessungen alle 2 Jahre
Einbeziehung bestehenden Anlagen
4
Definition der Zumutbarkeit von Belastungen
von WKA gegenüber den Anwohnern:
Beispiel Hohen Pritz: Betroffenheitsberichte sind lange bekannt
und veröffentlicht und z.b. den STAUN und Ministerien übergeben,
keine ernsthaften oder wirkungsvollen Reaktionen der Behörden
oder der Betreiber
Beispiel Hohen Pritz: Granulat in
den Flügeln die zu einem Lärmeffekt wie ein Betonmischer
führen: Dies ist in TA Lärm oder anderen Bestimmungen
überhaupt nicht bekannt oder gar untersucht. Dem Betreiber
Hr. Bonde allerdings ist dies sehr wohl bekannt, auch die Anwohner
haben dies öffentlich und gegenüber dem Ministerium beschrieben,
wie dieser Effekt verschiedentlich und schon lange auch im Internet
beschrieben ist.
Nur die Planungsbehörden im Ministerium
oder die Genehmigungsbehörde wie das STAUN Schwerin wissen
nichts davon.
Beispiel: Separate Beplanungen verschiedener
Eignungsgebieten ohne Berücksichtigung der Summe aller Lasten
in mitteliegenden Gebieten, die von allen Seiten betroffen sind,
z.B. Raum Mestlin, Ruest
5
Klärung Verhältnis Großanlagen
/ Repowering: welche Anforderungen sind zu erwarten, die schon jetzt
definiert werden müssen?
z.B. ist ein 2-Etagen-Ausbau innerhalb eines Eignungsgebietes vorstellbar.
Es werden nach wie vor die Untersuchungsbedingungen
der Eignungsgebiete von 70 – 100 m unterstellt, wo doch alle
künftigen Anlagen wesentlich höher sein werden und bereits
200m hohe Anlagen geplant werden.
Wir bezweifeln, dass diese Bedingungen in der Genehmigung mit Hilfe
des BimSchG und TA Lärm Natur- und Anwohnergerecht abgebildet
werden.
6
Der Hinweis auf die Empfehlungen
des Arbeitskreises „Geräusche von Windkraftanlagen“
aus dem Jahre 1999 bedarf einer kritischen Betrachtung, da diese
Empfehlungen durch aktuelle Rechtssprechung stellenweise überholt
sind.
7
Wirksamwerden der Bestimmungen sofort
ohne weitere Verzögerungen.
8
Jährliche Überprüfung
und ggf. Anpassung oder Erweiterung des Erlasses durch das Bauministerium.
9
Überprüfung und Einschränkung
von Eignungsgebiete in unmittelbarer Nähe von Wohngebieten
und mit bereits jetzt mehr als 25 Anlagen auf weiteren Ausbau i.b.
unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit.
Rücknahme derartiger Eignungsgebiete und ggf. Ausweisung auf
geeignete Flächen allgemein akzeptierbaren Auswirkungen.
Aufgrund der zunehmenden Bauhöhe spielt die Windhöffigkeit
an Standorten bis 100m eine geringere bzw. neu zu betrachtende Rolle.
Beispiel: Stadt Lübz, Wolgast, Gebiet Kladrum/Zölkow/Frauenmark
Mit freundlichen Grüßen
Im Namen der
Interessenvertretung der Bürgerinitiativen WINDKRAFT-WIE-WEITER?
Norbert Hein, Peter Enterlein

|