Petition 05.04.2004
Bürgerinitiative Gegenwind Grenzenlos -
Bürger von Drenkow, Porep, Jännersdorf
und Redlin kämpfen für eine heile Landschaft an der Grenze zwischen
Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern
Kontakt:
Jörg Grigat, Dorfstr. 10, 19376 Drenkow
Tel. 0049/38729/22 535
siebengiebelhof@t-online.de
Drenkow den 5. April 2004
Betr.: Windpark Porep-Jännersdorf an
der Grenze zwischen Mecklenburg und Brandenburg
Sehr geehrte Damen und Herren,
Das Landesumweltamt Brandenburg genehmigte am 27.2.04
(Anlage 1) einen großen Windpark mit 31 Windrädern von
150 mtr Höhe und einer Gesamtleistung von 62 MW.
Es handelt sich dabei dem Vernehmen nach um den größten
Windpark randenburgs, der brisanterweise quasi in Mecklenburg gebaut
werden soll.
Der Windpark erstreckt sich auf 3 Kilometern Länge
genau entlang der Landesgrenze nach Mecklenburg. Betroffen sind
der Landkreis Parchim in Mecklenburg sowie der Landkreis Prignitz
in Brandenburg.
Im Laufe der vergangenen drei Jahre wurden für den gleichen
Standort bei der gleichen o.a. Genehmigungsbehörde verschiedene
Anträge auf Errichtung von Windparks gestellt, bei denen jeweils
Antragsteller, Zahl und Höhe der Windräder, sowie die
Gesamtkapazität der Anlage variierten.
Gegen einen dieser Anträge wurden vier Einwände
eingelegt, von denen stellvertretend zwei Einwände in Kopie
beigelegt sind (Anlage 2 und 3). Auch das im Verfahren beteiligte
Landesbüro anerkannter Naturschutzverbände riet, auf den
Standort zu verzichten (Anlage 4).
Dennoch ist auf dem selben Standort nun der Bau genehmigt
worden.
Die Bürger, die Einwände eingelegt hatten,
wurden nicht davon in Kenntnis gesetzt, dass der betreffende Antrag
zugunsten eines weiteren - neuen Antrages - zurückgezogen wurde.
Gegen diesen neuen Antrag wurde nur ein Einwand, nämlich durch
die Brandenburger Gemeinde Putlitz-Berge eingelegt, worin es um
die Verteilung der Ausgleichsmaßnahmen ging.
Die Bürger haben die Bekanntgabe in den Zeitungen
Schweriner Volkszeitung (Mecklenburg) und Märkische Allgemeine
(Brandenburg) nicht wahrgenommen, und so ist es zu keinen weiteren
Einwänden gekommen.
In den Amtsblättern der Gemeinden und in den
Schaukästen, wo amtliche Bekanntmachungen der Gemeinden veröffentlicht
wurden, ist der geplante Umfang und Standort des Windparks, sowie
das Vorhandensein von Einspruchsfristen nicht bekannt gegeben worden.
Erst als bekannt wurde, dass der Windpark bereits
genehmigt war, wurden die Bürger der umliegenden Dörfer
aufmerksam und gründeten die Initiative "Gegenwind Grenzenlos",
die sich heute auf beiden Seiten der Landesgrenze dafür einsetzt,
dass Landschaft, Lebensgrundlage der Bevölkerung und der Frieden
unter den Anwohnern nicht zerstört werden.
Die beteiligten Behörden auf Mecklenburger Seite
haben bereits bei Erstellen des Raumordnungsplanes Prignitz/Oberhavel
und die darin enthaltene Ausweisung von Windenergie-Eignungsgebieten
in Brandenburg entlang der Landesgrenze ihr fehlendes Einverständnis
deutlich gemacht (vgl Anlage 5).
Auch im Rahmen der Stellungnahme zum Antragsverfahren
des aktuellen Windparkvorhabens haben das Umweltamt des Landkreises
Parchim (Anlage 6) sowie das Staatliche Amt für Umwelt und
Natur Lübz (Anlage 7) eine Zustimmung abgelehnt.
Der Naturschutzbund Brandenburg hatte das Errichten eines Windparks
an dieser Stelle in ihrer diesem Schreiben beiliegenden Stellungnahme
vom 12.9.02 abgelehnt (siehe Anlage 5).
In dem aktuellen Verfahren wurde der Naturschutzbund
Brandenburg allerdings nicht mehr beteiligt und legte, als er durch
unsere Bürgerinitiative über die erteilte Genehmigung
in Kenntnis gesetzt wurde, Einspruch ein.
Der geplante Windpark wird die Lebensqualität
in der Region massiv stören, wird zu einer Vernichtung der
Lebensgrundlage der Anwohner und zu einem Totalverfall der Grundstückspreise
führen.
Wir Bürger, die wir hier Aufbauarbeit in unseren
Dörfern leisten, wo es ohnehin schwierig ist, der massiv abwandernden
Jugend Zukunftsperspektiven zu bieten, befürchten, mit dem
Bau dieser industriellen Windanlage, unsere Dörfer einer massiven
Abwanderung preis zu geben, so daß ein ganzer Landstrich von
hoher naturkundlicher Bedeutung dem sozialen Verfall anheim fallen
würde.
Die Argumente, die unsere Ängste und
Vorbehalte untermauern seien im Folgenden skizziert:
1
An erster Stelle steht die Besonderheit der Feuchtebenen
um den Treptowsee am Rande der Ruhner Berge (vgl. Stellungnahmen
Landkreis Parchim Anlage 6, Staatliches Amt für Umwelt und
Natur Lübz Anlage 7 und Amt Marnitz Anlage 5).
Hier sind unzählige Kraniche und sogar bei Redlin
ein Seeadler neben Fledermäusen und vielen anderen Vögeln
und Kleintieren zu beobachten. Neben dem wunderschönen Landschaftsbild
von höchster Raumbedeutsamkeit, steht auch das Vorkommen dieser
Vögel auf dem Spiel.
2
Zu befürchten steht eine permanente Belästigung
durch das Blinkfeuer in 108mtr Höhe, das tags weiß und
in der Nacht rot blinken soll. Besonders grässlich soll dieses
Feuer bei Nebel und diesigem Wetter sein, wenn der gesamte Himmel
durch die gleichzeitige Befeuerung der 31 Windräder beleuchtet
wäre. Nach neueren Erkenntnissen kann das permanente Blink-Leuchtfeuer
epileptische Anfälle fördern
3
Der Schattenschlag, wenn Morgen- oder Abendsonne
durch die Windräder strahlen wird als sehr störend empfunden.
Dann scheint das Licht fortwährend an und ausgeschaltet zu
werden.
Auch die Belastung durch Schattenschlag ist u.a. in
Drenkow gemäß Genehmigungsbescheid (Anlage 1) so hoch,
dass die Anlagen zeitweise abgeschaltet werden müssten.
4
Außerdem wird es permanent Lärmbelästigung
durch Schall geben. Die Grenzwerte am Drenkower Referenzpunkt (Friedhofsweg
Nr 8: 40,5 dB in der Nacht) sind bereits gemäß Genehmigungsbescheid
bei Baubeginn leicht überschritten.
Da die Anlagen mit zunehmender Betriebsdauer erfahrungsgemäß
lauter werden, ist mit einer steigenden Belastung zu rechnen. Im
übrigen handelt es sich bei der geplanten V 90 Anlage der Firma
Vestas um einen ganz neuen Anlagentyp, der noch nicht in der Praxis
zu besichtigen ist.
Deswegen gibt es auch keine gesicherten Daten bzgl.
der Immission bestehender Anlagen, und es steht zu befürchten,
dass die Schallprognosen des Antragsbescheides (die von einem Messinstitut
ermittelt wurden, das den gleichen Firmensitz hat, wie die Betreiberfirma)
überschritten werden.
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Belästigungen wird es auch durch den (nicht hörbaren)
Infraschall geben. Infraschall besteht (vergleichbar den Obertönen)
aus langwelligen Frequenzen, die auch durch Hauswände passieren
und Organe mit Hohlkörpern, wie etwa das Herz in eine körperfremde
Schwingung bringen, die dann ein allgemeines nicht zu ortendes Unwohlsein
auslöst.
Der Mecklenburgische Minister für Arbeit, Bau
und Landschaft, Herr Holter hat hierzu im Rahmen der "Mestliner
Gespräche" zur Windkraft eine entsprechende Untersuchung
zugesagt.
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Die Auswirkung der Vibrationen, die sich über
den Mast und das Fundament auf den Boden übertragen, sind noch
nicht hinreichend erforscht. Es ist davon auszugehen, dass das Bodenleben
erheblich beeinträchtigt wird, was für meinen ökologisch
bewirtschafteten Siebengiebelhof in Drenkow, dessen Flächen
an das Windanlagen-Areal direkt angrenzen, fatal wäre.
Denn anders, als auf einem konventionellen Betrieb
lebt ein ökologisch bestelltes Acker- und Grünland nicht
von den darauf ausgebrachten Dünger- und Zusatzstoffen, sondern
es lebt von dem über viele Jahre aufgebauten Bodenleben. Dieses
Bodenleben wird unter dem Einfluß der zwangsläufig entstehenden
Vibrationen möglicherweise zerstört.
Die Fundamente, die 16 Tonnen Stahl (!) enthalten
sollen, sind mit einem Gusskörper versehen, der wie ein Resonanzkörper
die Vibrationen großflächig auf den Boden überträgt.
Wir sehen uns deswegen einer Bedrohung ausgesetzt,
die uns möglicherweise zwingen würde, den ökologischen
Siebengiebelhof, den wir gerade erst aufbauen, zu verlassen.
7
Auch auf die Menschen im Radius von mehreren hundert
Metern dürfte die Vibration dieser Vielzahl von Anlagen negative
Einflüsse haben.
8
Bei Gewitter, so heißt es, soll man sich den
Windturbinen nicht näher als 500m annähern. Wenn die Gärten
und Äcker aber in diesem Radius liegen, was soll man dann tun?
9
Die Grundstückswerte werden angesichts des Windparks
bis zur Unverkäuflichkeit verfallen. Das ist bereits jetzt,
vor Baubeginn festzustellen. Laut dem Verband Deutscher Immobilienmakler
erleiden die Immobilien in der Nähe von Windkraftanlagen einen
Werteverlust von 50%.
10
Alleine der Transport der enormen Windturbinen erzeugt
erhebliche Probleme. Es wird mit 300 (!) Schwertransporten gerechnet,
um die 31 Windräder an ihre Standorte zu verfrachten.
Da Straßen, Wege und Brücken für diese
Belastungen nicht ausgelegt sind, gibt es derart kühne Überlegungen,
dass man direkt von der Autobahnabfahrt Suckow eine Baustraße
zur Baustelle errichten möchte. Das widerum stößt
auf Widerstand in der Bevölkerung und bei Landpächtern.
Diese Baustrasse müsste dann 20 Jahre lang bis
zum geplanten Abbau der Anlage bestehen bleiben.
Eine andere Überlegung besteht darin, den Dorfplatz
von Drenkow abzuschieben und zu asphaltieren, damit die Schwertransporte
passieren können. Auch hier ist mit erheblichen Widerständen
in der Bevölkerung zu rechnen.
Alle unsere Bemühungen gehen dahin, die politischen
Vertreter davon zu überzeugen, dass die Genehmigungen zu erforderlichen
Umbauten zu Gunsten des Transportes der über 9000 t Gewicht
nicht erteilt werden dürfen.
Die Gemeinde Suckow hat bereits signalisiert, dass
einem Umbau der Gemeindestraßen nicht zugestimmt wird. Brisanterweise
wurde der Windpark offenbar durch das Umweltamt Brandenburg genehmigt,
ohne dass man sich hier Gedanken über den Transport gemacht
hätte.
Ein Transport der Windräder zu Brandenburgs größtem
Windpark scheint von Brandenburgs Boden aus gar nicht möglich
zu sein.
Ist auch dieser Umstand strategisches Kalkül
an der Landesgrenze?
11
Auch für die Verpächter der einzelnen Standorte,
die dem Vernehmen nach jährlich bis zu 17.000.- € pro
Windrad erhalten, steht zu befürchten, dass sie nach 15 bis
zwanzig Jahren mit Hilfe juristischer Tricks Eigentümer der
dann "Windkraftruine" sein werden, und damit für
die kostspielige Entsorgung der Anlagen Verantwortung tragen müssen.
Der große Teil der Fundamente (mit alleine 16t
Stahl je Fundament) wird in jedem Fall im Boden verbleiben, und
für langfristige Schäden sorgen. Die Ruinen verbleiben
womöglich auch - weiterhin blinkend - dort wo sie sind, wenn
sich niemand findet, der für die Entsorgung aufkommt.
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Im sozialen Gefüge der Dörfer reißt
die geplante Industrieanlage schon jetzt, noch vor ihrer Errichtung
tiefe Gräben. Einige Anwohner werden durch die Betreiberfirma
mit atemberaubenden Summen geködert, Standorte und Zuwegungen
zu verpachten, andere befürchten den Ihnen entstehenden Schaden.
Anwohnern werden hier zum Teil Gelder in einer Dimension
angeboten, die ihnen erlaubt, aus dem Einflussbereich der Anlage
wegzuziehen, während andere Anwohner den schädlichen Konsequenzen
ausgesetzt sein würden.
Auf diese Weise säht das geplante Vorhaben ein
Klima von Angst und Hass in der gesamten Bevölkerung der betroffenen
Dörfer.
Zur Zeit versucht die Antragstellerin WKN-AG aus Husum,
durch das Anbieten beachtlicher Geldsummen eine Durchfahrtgenehmigung
von der Autobahnabfahrt Suckow durch die Feldmark Mecklenburg-Vorpommerns
hin zum Windpark zu erkaufen.
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Gemäß der Stellungnahme des Amtes Marnitz
(Anlage 5) im Rahmen der Entwicklung des Regionalplanes Prignitz-Oberhavel
vom 13.3.2001 handelt es sich bei der Gemeinde Suckow um einen "Fremdenverkehrsentwicklungsraum",
in dem "Maßnahmen des Fremdenverkehrs bevorzugt zu unterstützen
sind" (Anlage 5).
Diese Haltung, der Region erklärtermaßen
duch die Entwicklung des Tourismus zu einem tragfähigen Wirtschaftszweig
zu verhelfen, wird durch das Land Brandenburg durch die erfolgte
Genehmigung des Groß-Windparks torpediert.
In Drenkow selbst bewirtschafte ich einen ökologischen
Bauernhof. Einen großen Teil meiner Einkünfte erziele
ich über das Programm: "Ferien auf dem Bauernhof ".
Ich fürchte um das Überleben meines Betriebes,
wenn der Windpark gebaut werden sollte, denn Feriengäste werden
Drenkow dann meiden.
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Die Feuerwehren in der Region sind weder ausgebildet,
noch technisch dafür ausgerüstet, Brandherde in 100m Höhe
unter Kontrolle zu bringen.
Da in unserer Region ausgedehnte Trockenheitsphasen,
wie erst im vergangenen Jahr erlebt, die Regel sind, und Brände
an Windkraftanlagen durchaus in statistisch signifikanter Häufigkeit
auftreten (siehe den Link "Windkraftunfälle" auf
der Netzseite www.windkraftgegner.de
), sehen wir hier eine hohe Gefahr für Flächen- und Waldbrände,
die durch hiesige Feuerwehren (ich selbst bin Feuerwehrmann in der
Drenkower Feuerwehr) nicht zu bekämpfen sind.
Nach unserer Auffassung ist die am 27.2 erteilte Genehmigung
deswegen erteilt worden, weil man in Brandenburg diese Windkraft-Großanlagen
im eigenen Bundesland offenbar nicht hat durchsetzten können.
Die Positionierung direkt an der Landesgrenze macht
nun Mecklenburger, statt Brandenburger Dörfer zu den massiv
geschädigten, wovon man sich in Potsdam einen Vorteil für
das eigene Bundesland ausrechnen mag.
Länderübergreifend sorgt diese Maßnahme
allerdings für erhebliche Verstimmung.
Die Stellungnahmen der hiesigen Umweltbehörden
werden offenbar nicht beachtet, oder hinweggewogen. So hat das Umweltamt
Parchim noch mit Schreiben vom 26. Februar 2004 erneut ausdrücklich
beteuert, dass man die Maßnahme aus Naturschutzgründen
ablehne.
Das Landesumweltamt Brandenburg dagegen wartete diese
Stellungnahme gar nicht ab und sprach bereits am 27.2.2004 die Genehmigung
aus.
Gegen diese Genehmigung wurde zwischenzeitlich Einspruch
eingelegt durch die betroffene Gemeinde Suckow, sowie durch den
Naturschutzbund Brandenburg.
Die Initiative selbst prüft zur Zeit die rechtlichen Möglichkeiten
eines Einspruchverfahrens.
Hiermit ergeht an die Damen und Herren des
Petitionsausschusses die dringende Bitte, an die Regierung des Landes
Brandenburg zu appellieren, die erteilte Genehmigung zurückzuziehen
und die Errichtung einer Groß-Windanlage an diesem Ort zu
untersagen.
Da bereits in wenigen Wochen mit dem Bau von Zuwegungen
und Fundamenten begonnen werden soll, besteht Anlaß zur Eile,
und ich bitte deswegen um möglichst rasche Bearbeitung.
Vielen Dank im voraus.
Im Namen der Bürgerinitiative Gegenwind Grenzenlos
Mit freundlichen Grüßen
Die Petition geht an die Petitionsausschüsse
von Landtag Mecklenburg- Vorpommern und Landtag Brandenburg, sowie
Bundestag und Europäischem Parlament und an die Fraktionsvorsitzenden
von CDU, SPD, PDS und Grüne in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern
Kontakt Bürgerinitiative Gegenwind
Grenzenlos:
Jörg Grigat, Dorfstr. 10, 19376 Drenkow
Tel. 0049/38729/22 535
siebengiebelhof@t-online.de

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