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Schweriner Volkszeitung / Parchim 27.08.2003
Propeller mit Nebenwirkungen?

Bürgerinitiativen befürchten gesundheitliche Beeinträchtigungen durch Windkraftanlagen

Parchim Harmlose Mühlen, deren Flügel sich idyllisch im Wind drehen?
Bürger, die in unmittelbarer Nähe von Windkraftanlagen leben, sehen das anders.

Monotone, nervtötende Geräusche, ein gehäckselter Seeadler bei Lübz sind nur einige der "Nebenwirkungen". Besonders aber wurmt die Gegner die Machtlosigkeit: Ist erstmal ein Eignungsgebiet ausgewiesen, lässt sich der Bau kaum verhindern.

"Heute lassen wir uns nicht mehr als Unwissende erwischen", warnt Klaus Aurich, Bürgermeister der Gemeinde Bülow. Seine Amtskollegin aus der Stadt Lübz Gudrun Stein pflichtet bei:

"Als seinerzeit Eignungsräume für Windkraftanlagen ausgewiesen wurden, war nicht klar, dass Änderungen des Baugesetzes kommen, die die Windkraft privilegieren."

Folge: Eine Gemeinde hat jetzt kaum Möglichkeiten, die Propeller am Dorf zu verhindern, es sei denn, sie kann es sich leisten, in die teure Bebaungsplanung einzusteigen. Oder zu klagen.

Hier haben die Lübzer erfolgreich Erfahrungen gesammelt. Das Verwaltungsgericht Schwerin hat dafür gesorgt, dass sich die Windräder erst 800 Meter weit vom Ortsteil Ruthen entfernt drehen.

Das Bau- und Umweltministerium hatte gemeint, 500 Meter müssten reichen. Interessant an dem Urteil: Es bestätigt ein Schutzbedürfnis der Menschen, weil der Windkrafterlass eine Abstandszone festlegt.

Aber, so Gudrun Stein: "Ohne Geld und die richtigen Anwälte gehts nicht."

Meist sind ehrenamtliche Bürgermeister auch gar nicht in der Lage, diese - wie es der Lübzer Bauamtsleiter Fred-Jan Salomon nennt - "Erbsenzählerei" zu leisten.

Die Bürgerinitiative Hohen Pritz z.B. erreichte denn auch "nur", dass nach Bau der Windräder Auflagen erlassen wurden. Macht "nicht hörbarer Lärm" krank?

Dass bei Genehmigungsverfahren die Belange der Menschen weniger zählen sollen, als die der Natur oder seltener Tiere, ärgert Peter Enterlein von der Vereinigung der Bürgerinitiativen im Landkreis Parchim:

"Windkraftanlagen gelten als scheinbar nebenwirkungsfrei. Dabei ist keine Technikfolgenabschätzung erfolgt."

Die Vereinigung vertritt sieben Bürgerinitiativen verschiedener Gemeinden nach außen.

Norbert Hein, ebenfalls von der Vereigung der Initiativen, vermisst nach den Mestliner Gesprächen zum Thema (wir berichteten) die Antworten aus den Ministerien zu den Bereichen hoch liegende Lärmquellen, tief frequente Bereiche, Impulswirkung.

Dabei könnten Anwohner einiges über Nebenwirkungen erzählen. Alte Rotoren sollen klappern. Im Winter schleudern die vereisten Propeller beim Anfahren Eisstücke übers Land.

Bis sie auf Touren kommen, heulen die Anlagen
"wie ein Betonmischer", beschreibt Norbert Hein, "und das abends um 23 Uhr". Dabei nervt viele schon der Normalbetrieb.

"Es entsteht ein monotones, rhythmisches Geräusch, ein Schlagen der Räder am Turm",
weiß Peter Enterlein.

Und: Es bestehe der Verdacht auf gesundheitsschädliche Auswirkungen von
Tönen im Infraschallbereich.


Dieser "nicht hörbare Lärm", so vermuten, Windkraftgegner, könne für Tinnitus oder Herzrhythmusstörungen verantwortlich sein. Das Umweltministerium M-V habe Erforschungen auf diesem Gebiet veranlasst.

Solange diese Befürchtungen nicht aus der Welt sind, wäre es naheliegend, "unbebaute Gebiete auf ihre Eignung zu überprüfen", wie Norbert Hein es formuliert.

Die Lübzer Bürgermeisterin Gudrun Stein stellt klar: "Ich bin nicht generell gegen Windkraftanlagen, nur bitte dort, wo sie hingehören."

Nicht nur sie fragt sich, warum Solarenergie nicht mit gleicher Verve gefördert wird.

"Um die Sonne zu nutzen, brauche ich nicht die Landschaft mit diesen Galgen zu verunzieren", schimpft Bürgermeister Klaus Aurich, "auf diesem Gebiet hätten wir führend sein können".

93 Prozent der Bürger gegen Windräder am Dorf Aurich hat sich in der Gemeinde Bülow umgehört:

"Die haben mich schließlich gewählt, also dachte ich mir, ich frage mal nach."

Ergebnis: 93 Prozent der Bülower sind gegen den Bau der großen Propeller vor ihren Haustüren. Nur werden sie nicht gefragt.

Das Hauptargument lautet: Die regionale Entwicklungsplanung sieht eine touristische Entwicklung vor.

"Ich habe noch keinen Urlauber getroffen, der wegen der schönen Windräder gekommen ist", ironisiert Klaus Aurich.

Die Zukunft wird dem zumindest mit Windrädern ohnehin dicht besidelten Landkreis Parchim noch mehr Anlagen bringen, z.B. in Kladrum und Dargelütz.

Udo Mitzlaff

 

 
 
 

Handle stets so,
daß kein anderer
gefährdet,
geschädigt,
oder mehr als
nach Umständen
unvermeidbar
behindert oder
belästigt wird.

Immanuel Kant
1724 - 1804

 
 
 
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