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SVZ vom 23. Januar 2003
Im Schatten der Rotoren -
Windkraftbranche in MV wächst stetig / Anwohner in Sorge

Schwerin Die Windkraft boomt: Mittlerweile deckt sie 25 Prozent des Brutto-strombedarfs des Landes. Die immer größeren Anlagen allerdings stoßen manchen Anwohnern sauer auf.

Die Entwicklung ist enorm. 2001 wurden 1,1 Millionen Kilowattstunden (Kwh) Windstrom erzeugt, 2002 über 1,5 Millionen, die Zuwachsraten der Vorjahre stehen dem nicht nach.

Werden alle momentan beantragten 400 Rotoren zusätzlich zu den vorhandenen 927 Anlagen tatsächlich gebaut, würde der Wind 44 Prozent des Bruttostrombedarfs des Landes decken - ein sensationeller Wert.

Bundesweit decken 13 759 Anlagen 4,7 Prozent des Verbrauchs. Dr. Bernhard Heinrichs, beim Bauministerium für Raumordnung und Landesplanung zuständig, gibt aber zu bedenken:

"Die Anzahl der Standorte ist begrenzt. Der Zuwachs stößt teilweise an die Grenzen der Netzkapazität."

Bürgerinitiativen kritisieren ausuferndes Wachstum Norbert Giese, Vorsitzender der Windbranche im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), bezifferte den Jahresumsatz auf rund 3,5 Milliarden Euro.

Nach der Autoindustrie sei die Windkraftbranche der zweitgrößte Abnehmer von Stahl geworden. In ganz Deutschland beschäftigt die Windenergie 40000 Menschen.

Für die Anwohner bedeuten die immer größeren Rotortürme aber vor allem eine Belastung. Familie Knorr kann ein Lied davon singen:

Hinter ihrem Haus in Hohen Pritz stehen 14 Windkraftanlagen, nur wenige hundert Meter entfernt.

Die über 100 Meter hohen Riesen machen den Anwohnern das Leben schwer:

"Die Geräusche verfolgen uns", beklagt Renate Knorr. "Bei Südostwind ist es extrem, es klingt wie Fluglärm."

Auch die bei Sonnenschein von den Windrädern auf die Häuser geworfenen, rotierenden Schlagschatten vergällen der 43-Jährigen den Aufenthalt auf ihrem Grundstück.

Andere Anwohner berichten ebenfalls von Schwindel, Schlafstörungen und Kopfschmerzen. Die Beschwerden in Hohen Pritz - der Kreis Parchim hat mit 105 Anlagen eine hohe Dichte an Windrädern - sind kein Einzelfall.

Die Initiative "Windkraft: wie weiter?" (WWW) bündelt örtliche Bürgerinitiativen und klagt, die Region sei mit elf Windkraft-Eignungsgebieten "überproportional überplant".

Nur in diesen von den regionalen Planungsverbänden ausgewiesenen "Eignungsgebieten" dürfen überhaupt Winkraftanlagen errichtet werden, die jeweilige Gemeinde oder der Planungsverband können aber auch später noch auf die konkrete Planung Einfluss nehmen, wenn wichtige Gründe vorliegen.

Norbert Hein, mit Peter Enterlein Koordinator der WWW-Initiative, stellt
aber klar: "Wir sind keine Windkraft-Gegner."

Man wolle einen übermäßigen Ausbau verhindern, der später kaum rückgängig zu machen sei. Konfrontation, betont Hein, sei dabei nicht das Ziel.

"Es gibt kein Limit in Höhe und Leistung", kritisiert auch Peter Enterlein, dass die wachsende Größe der Anlagen die geltenden Abstandsregelungen längst überholt hat.

Umweltminister will Belastung überprüfen Umweltminister Prof. Wolfgang Methling (PDS) gibt zu bedenken, dass jede Kilowattstunde Windstrom gegenüber konventionell erzeugter Energie 0,7 kg Kohlendioxidausstoß einspart.

Die Kritik der Anwohner nehme man aber ernst: "Die Strategie der Landesregierung hat sich bewährt, man kann aber zu neuen Erkenntnissen kommen.

Bei einem Treffen mit den Vertretern von "Windkraft-Wie-Weiter?" in Mestlin stellte der Minister in Aussicht, durch Beispielmessungen die Prognosen auf die tatsächliche Belastung zu überprüfen.

"Man sollte die Behörden als Partner, nicht als Feind betrachten", wünschte sich Methling für die weitere Diskussion.

"Wir haben den Gemeinden bewusst Spielraum eingeräumt", ergänzte auch Bauminister Helmut Holter (PDS) gegenüber den WWW-Vertretern.

Nur Renate Knorr hat die Winkraft-Riesen nun fast im Hinterhof und weiß nicht weiter: "Ich wollte Ruhe haben. Das ist nun wohl vorbei."

Von Philip Schroeder

 

 
 
 

Handle stets so,
daß kein anderer
gefährdet,
geschädigt,
oder mehr als
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unvermeidbar
behindert oder
belästigt wird.

Immanuel Kant
1724 - 1804

 
 
 
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